Markenverletzung Amazon | Rechtsmissbrauch
Laut einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ist es rechtsmissbräuchlich, wenn auf Amazon ein Anbieter, der als erster ein Angebot erstellt und so eine ASIN generiert, als „Marke“ im Amazon-Angebot eine Marke einträgt, die entgegen den Richtlinien des Marketplace-Betreibers nicht auf dem Produkt oder dessen Verpackung abgedruckt ist, und sodann gegen Verkäufer vorgeht, die sich diesem Angebot anschließen.
OLG Köln, Urteil vom 26.03.2021 – 6 U 11/21
In dem zu Grunde liegenden Fall ging es um ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Ein Händler (Antragsteller) hatte auf Amazon jeweils ein Angebot für Bonbons und Bier eingestellt und hierbei eine eigene Marke im Amazon-Angebot angegeben. Die angegebene Marke ist geschützt für für die Waren “Chips, Erdnussbutter, Bonbons, Cerealien, Kaugummi, Nudeln und Schokolade”. Diese Marke wurde jedoch nicht für das Produkt selbst verwendet. Vielmehr wurden fremde Markenprodukte angeboten.
Bei der Erstellung von neuen Angeboten gilt, dass der Anbieter, welcher ein Angebot auf Amazon erstellt, die “Marke” des jeweiligen Produkts angegeben kann. Nach den von Amazon vorgegebenen Grundsätzen darf an der entsprechenden Stelle lediglich eine Marke eingetragen werden, der entweder auf dem Produkt selbst oder auf dessen Verpackung zu finden ist.
Der Antragsgegner hatte sich an die Angebote “angehängt” und jeweils Bonbons und alkoholische Getränke angeboten.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, dass der Antragsteller mit dem Angebot für Süßigkeiten gegen die eigenen Markenrechte verstößt. (Markenverletzung gem. (§ 14 MarkenG) Darüber hinaus wurde für beide Angebote (Süßigkeiten und Bier) eine Irreführung/ Täuschung beanstandet, wegen Täuschung über die betriebliche Herkunft gem. § 5 Abs. a S. 2 UWG.
Das Landgericht Köln hat in erster Instanz dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben. Das OLG Köln in 2. Instanz die Entscheidung des LG Köln aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
OLG Köln bejaht Unterlassungsanspruch gem. § 14 MarkenG
Das OLG Köln hat zunächst wie das LG Köln einen Unterlassungsanspruch gem. § 14 MarkenG bejaht. Inbesondere wurde eine markenmäßige Benutzung bejaht, so dass grundsätzlich eine Markenverletzung bei Amazon vorlag.
OLG Köln bejaht Rechtsmissbrauch
Im zweiten Schritt hat das OLG Köln jedoch festgestellt, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich ist, weil die Geltendmachung der Ansprüche unlauter gemäß §§ 3, 4 Nr. 4 UWG sei.
“Den aus einer Marke hergeleiteten Ansprüchen kann einredeweise entgegen gehalten werden, dass auf Seiten des Markeninhabers Umstände vorliegen, die die Geltendmachung des markenrechtlichen Schutzes als eine wettbewerbswidrige Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG erscheinen lassen. Das wettbewerbsrechtlich Unlautere ann darin liegen, dass ein Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Zeichenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs einsetzt. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich angenommen, dass bei einer böswillig angemeldeten Marke dem Unterlassungsanspruch der Einwand des § 4 Nr. 4 UWG entgegen gehalten werden kann, auch wenn Löschungsansprüche nicht bestehen.”
Nach diesen Grundsätzen stelle die Geltendmachung der markenrechtlichen Ansprüche eine unlautere Behinderung der Antragsgegnerin gemäß § 4 Nr. 4 UWG dar.
Das OLG Köln hat weiter ausgeführt: “Eine Behinderung liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers beeinträchtigt wird. Dies setze eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgehe und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen.”
Nach diesen Grundsätzen liege eine gezielte Behinderung vor, da der Antragsgegner daran gehindert worden sei, die mit der jeweiligen Marke gekennzeichneten Produkte über den Amazon Marketplace anzubieten. Ein Anbieter, der entgegen der Regelungen durch den Amazon Marketplace neue Angebote erstellt und sich nicht an bestehende Angebote anhängt, laufe Gefahr, keine Angebote mehr für den Amazon Marketplace erstellen zu dürfen oder von der Nutzung der Plattform ausgeschlossen zu werden. Dies habe zur Folge, dass der erste Anbieter eines bestimmten Produkts durch die Gestaltung des ersten Angebots, mit dem die sogenannte “ASIN” angelegt wird, zahlreiche Vorgaben machen kann.
Die Eintragung der der eigenen Markenbezeichnung in dem Feld Marke habe sodann zur Folge, dass sich weitere Verkäufer, die das dort angebotene Produkt, das tatsächlich von einer anderen Marke stammt und auch so gekennzeichnet ist, lediglich diesem Angebot “anschließen” können und daher die Marke des Anbieters zwangsläufig – als Marke in unzulässiger Weise nutzen. Ein Verkäufer hat lediglich die Wahl, das konkrete Produkt nicht über den Amazon Marketplace anzubieten oder – entgegen den Vorgaben für die Nutzung des Amazon Marketplace – eine weitere ASIN für ein vermeintlich neues Produkt zu erstellen. Faktisch wird damit jeder Dritte daran gehindert, dasselbe Produkt anzubieten.
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